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HUNDESPRACHE - #4 Gegenseitige Beeinflussbarkeit - Kernpunkt hündischer Kommunikation

Januar 29, 2021

HUNDESPRACHE - #4 Gegenseitige Beeinflussbarkeit - Kernpunkt hündischer Kommunikation

Im letzten Blogbeitrag erzählte ich davon, dass die Möglichkeit gegenseitiger Beeinflussbarkeit, welche Homöostase (einen stabilen Zustand) in einer Gruppe zum Ziel hat, und „Gruppenorganisierende Verhaltensmuster“ (GrOVM) Kernpunkte in der Hundesprache sind, die zufriedenstellend ausreifen müssen, damit Hunde sich entsprechend innerhalb ihres Weltbildes entwickeln können. In diesem Blog erzähle ich euch, wie wichtig es ist, diesen speziellen Verhaltensbereich aus dem Oberbegriff „Spielverhalten“ herauszulösen und neu zu benennen.

Vor vielen Jahren, als alles begann

Bereits in den neunziger Jahren postulierte ich, dass Hunde keine Rudeltiere sind, sondern sich äußerst bindungsflexibel zeigen und demgemäß, sozusagen von jetzt auf gleich, relativ problemlos soziale Bindungen (mit Hund und Mensch) eingehen.

Darüber hinaus erkannte ich, dass Hunde, wenn sie auf Artgenossen treffen, einem ganz bestimmten Verhaltensmechanismus erliegen, und sie letztendlich gar nicht anders können als sich mit diesen abzugleichen und sich dabei als Gruppe zu definieren.

So kann ein Hund von einer Gruppe in eine andere verbracht werden und es wird ihm normalerweise in kürzester Zeit gelingen, sich als soziales Wesen in dieser Gemeinschaft einzugliedern und dort zu überleben. Dazu müssen jedoch zwingend soziale Übereinkünfte getroffen werden.

Hunden dient dazu ein klar abgrenzbarer Bereich ihres Verhaltensrepertoires, der erbkoordiniert abläuft und sich einer Signalebene bedient, die weitestgehend formkonstant abläuft. Hierbei getroffene Übereinkünfte sind solange gültig, bis neue Übereinkünfte notwendig werden (Änderung des Status, der inneren Gestimmtheit eines Individuums, der Gruppenzusammensetzung etc.).

Die Suche nach einer neuen Begrifflichkeit

Damit dieser spezielle Bereich ihres Verhaltensrepertoires von der Hundeszene expliziter erfasst werden konnte und um damit eine entsprechende Wahrnehmung meiner empirischen Forschungsergebnisse einzufordern, erachtete ich es als unabdingbar, diese Abläufe aus dem Oberbegriff „Spielverhalten“ herauszulösen und nach einer neuen Begrifflichkeit zu suchen.

Es dauerte annähernd drei Jahre, bis ich einen Begriff gefunden hatte, der exakt das umschrieb, was beim Zusammentreffen von Hunden stattfand. Dieser Begriff lautet „Gruppenorganisierende Verhaltensmuster“ (GrOVM, vgl.: Fichtlmeier, Der Hund an der Leine, 2007/2018, Suchen und Apportieren, 2015).

Die GrOVM lassen sich jeweils wieder nach zugehöriger Funktion und zeitlichem Auftreten in Gruppenbildende oder Gruppenzusammenhaltende Verhaltensmuster unterteilen. In diesen beiden Bereichen werden von Hunden des Weiteren Interaktions-, Interaktionsspiel-, und Strukturierungsmuster gezeigt.

Wohlbefinden statt Herrschaft

GrOVM sind ein wichtiger kommunikativer und sozialer Prozess. Über GrOVM findet vordergründig und dabei auf höchster Ebene ein kommunikativer Abgleich von Interessen mit Bezug auf einen eventuell zukünftig eintretenden Ernstfall statt. Diese Kommunikationsebene bewirkt, dass in den beteiligten Gesprächspartnern Bilder und Emotionen erzeugt werden, die annähernd die eigenen Ideen und Emotionen spiegeln. Dabei ist die gegenseitige Beeinflussbarkeit der Kernpunkt für emotionales Wohlbefinden.

Ein Beispiel: Marco (Hund eins) zeigt als Sender ein bestimmtes Verhaltensmuster, das seine Bedürfnisse, seine innere Gestimmtheit und seine Gefühle übermitteln soll. Dieses Gefühlsmuster wird von Ferdi (Hund zwei) empfangen und tendenziell nachempfunden. Durch Kopplung an das dargestellte Gefühlsmuster von Marco wird bei Ferdi eine Empfindung ausgelöst, die dieser wiederum, seinem eigenen Gefühl entsprechend, reflektiert und dadurch eine Gefühlsveränderung in Marco bewirkt. Es kommt so lange zu einem wechselseitigen Austausch von Gefühlsmustern, bis das Thema zufriedenstellend abgeklärt ist oder einer der Beteiligten das kommunikative Interesse verliert. Dabei suchen die Hunde hauptsächlich emotionales Wohlbefinden und einen stabilen Zustand in der Gruppe (Homöostase) und nicht die Herrschaft über den anderen.

GrOVM, ein neuer Funktionskreis

GrOVM beinhalten für mich einen eigenständigen Bereich des hündischen Sozialverhaltens und sollten deshalb einem neuen Funktionskreis zugeordnet werden. Wer „Gruppenorganisierende Verhaltensmuster“ vom allgemeinen Spielbegriff loslöst und sie nicht mehr undifferenziert als Spiel bezeichnet, sondern als Funktionskreis begreift, wird erstaunt darüber sein, wie viel besser sich Hundesprache in ihrer Komplexität erfassen lässt.

Im nächsten Blogbeitrag werde ich auf die Funktion von Ersatzbeute als Beutestellvertreter eingehen.

Fortsetzung folgt nächste Woche

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Liebe Grüße - Anton

Der Hund an der Leine

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