Das Anton Fichtlmeier Konzept

Körpersprache statt Stimmbefehl

Anton Fichtlmeier kommuniziert mit Hunden in seiner eigenen Sprache, der Körpersprache. Mit klaren Gesten lädt er den Hund ein, ihn zu begleiten. Dabei ist es unerheblich, ob der Hund ohne Leine oder an der Leine geführt wird.

Das Ja/Nein-Prinzip (Binäres System)

Laut Fichtlmeier genügen zwei Konzepte für die Kommunikation mit dem Hund: Ja, was Sie tun, ist richtig oder Nein, hören Sie auf, was Sie tun. Das Ja wird durch positive Töne oder freundliche Gesten übertragen. Das Nein wird durch feste Geräusche oder Gesten des Missfallen kommuniziert. Es ist wichtig, dass der Mensch schnell reagiert und schnell zwischen einem „Gut gemacht“ und einem „Nein“ wechselt. Der Grund, warum Hunde diese Sprache so gut verstehen, ist, dass sie auf die gleiche Weise mit ihren Mithunden kommunizieren.

Anspruch auf Führung

Der Mensch soll das Leitbild für den Hund sein, daher muss er die Willenskraft haben, seinen Hund zu kontrollieren. Wenn er kein Durchsetzungsvermögen zeigen kann, hat er einen gestressten, desorientierten Hund, den er nicht kontrollieren kann.

Ausbildung ohne Werkzeuge

Fichtlmeier verzichtet auf Gurte, Clicker, lange Leine oder Halti-Trainingshalsbänder. Er fördert kein formelles Gehorsamstraining mit Sprachbefehlen wie „Sitzen“ oder „Hinunter“. Das Ziehen an der Leine ist tabu, da die Leine ein Symbol für Entspannung und Schutz ist. Quietschende Dummies sowie Zerrspiele sind ebenfalls ein No-Go. Sie bringen den Hund in einen Zustand der Aufregung, in dem der Hund leicht die Selbstbeherrschung verlieren kann.


Wenn wir einen Hund über Kommunikation führen wollen, ist es unausweichlich, sich mit seinem Wesen auseinanderzusetzen. 

DAS WESEN DES HUNDES ERFASSEN

Wie organisieren sich Hunde? Wie kommt Bindung unter Hunden zustande und was können wir daraus lernen? Wie kommunizieren Hunde und welche kommunikativen Interaktionen – Symbole – können artübergreifend von uns genutzt werden?

Hunde sind bindungsflexibel

Hunde organisieren sich nicht als Rudel mit starren Positionen, sondern bilden bindungsflexible soziale Gruppen. So haben Hunde ein äußerst starkes Interesse daran, mit Artgenossen bei Begegnungen in Kontakt zu treten. Diese Eigenschaft erschwert es vielen Hundehaltern, ihre Hunde bei Hundebegegnungen entsprechend zu kontrollieren, beziehungsweise diese problemlos von einer Kontaktaufnahme abzuhalten.

Arbeitslose Spezialisten

Hunde sind Spezialisten für bestimmte Bereiche und tendieren zu entsprechendem Verhalten. Solche angeborenen Verhaltensmuster wie Bewachen, Jagen, Hüten etc. sind rassespezifisch und individuell angelegt und ausgeprägt. Hunde besitzen keinen freien Willen. Sie haben nur einen kleinen Handlungsfreiraum „eigener Wille“, und auf diesen können sie nur zugreifen, wenn keine ihre Instinkte ansprechenden Reize vorliegen, die zwingend ein bestimmtes Verhalten bei ihnen auslösen.

Angeborene Verhaltensmuster sind nur teilweise erwünscht

In der von Menschen geschaffenen soziokulturellen Mitwelt sind angeborene Verhaltensmuster nur unter ganz bestimmten Rahmenbedingungen geduldet beziehungsweise erwünscht. Im Rahmen ihrer sozialen Fähigkeiten können sich Hunde jedoch selbst zurücknehmen und zum Vorteil der sozialen Gruppe Alternativverhalten in ihr Repertoire aufnehmen. Zum Beispiel, wenn ein Jagdhund im Wald Menschen suchen soll und Wildspuren dabei ausklammert. Allerdings, je öfter der Hund seine Instinkte ausleben durfte, desto schwieriger wird es für ihn, sich selbst zu zügeln und für uns, ihn kontrollieren zu können.

Deshalb ist es unabdingbar, mit dem Hund zu klären, wann ein Verhalten gewollt und wann es nicht gestattet ist. Dazu bedarf es der Kommunikation. Insbesondere der gewünschte Verhaltensabbruch muss vom Menschen explizit und aktiv kommuniziert werden. Bloßes Umlenken auf ein Alternativverhalten oder Ignorieren des problematischen Verhaltens (das im Übrigen für den Hund oft selbstbelohnend ist), verdeutlichen dem Hund nicht, dass sein gezeigtes Verhalten unerwünscht ist oder von uns als Fehlverhalten bewertet wird. Hier ist insbesondere Prävention eine sinnvolle Möglichkeit, um auf für alle Beteiligten unangenehme Strafaktionen verzichten zu können. Bedenken Sie: Was „Klein Rexi“ von Anfang an nicht gestattet wird, muss ihm später auch nicht mühsam abgewöhnt werden.

Soziales Miteinander einer Hundegruppe

Soziales Miteinander einer Hundegruppe folgt bestimmten Prinzipien und ist auf eine ganz spezifische Weise geordnet. Hunde erleben sich innerhalb einer Gruppe durch ständiges Abgleichen und Ausloten ihrer Befindlichkeiten und Bedürfnisse. Das zentrale psychosoziale Regulativ bei der Organisation der Gruppe ist prosoziale Aggression. Dies funktioniert nach dem Verhaltensschema „Drohung“ und einer entsprechenden Reaktion darauf. Ein Hund beansprucht zum Beispiel Beute, Territorium, einen Liegeplatz oder Ähnliches, ein anderer Hund fordert in der spezifischen Situation dasselbe. Diese Interessenkonkurrenz wird üblicherweise durch Drohen, Imponieren und entsprechende Reaktion kommuniziert und damit abgeklärt. Hunde versuchen dabei möglichst wenig Schaden zu nehmen. Wenn wir uns hier entsprechend einbringen, ist es sogar möglich, die Realitätsebene der Hunde mitzuerleben und ihr Weltbild mitzugestalten.

Der Hund in der Menschenwelt

Hunde können relativ problemlos mit den komplexen sozialen Rahmenbedingungen der Menschenwelt zurechtkommen. Es ist ihnen möglich, eine sehr enge, auf Kommunikation begründete Sozialpartnerschaft mit dem Menschen einzugehen. Sie sind in der Lage, die Bedeutung von Signalen des Menschen zu erfassen und darauf sinnvoll zu reagieren. Eine enorme Leistung, wenn man bedenkt, dass Hunde von Natur aus instinkt- und nicht vernunftgesteuert sind. Das ist letztlich wohl auch der Grund dafür, warum es möglich war, sie so eng wie kein anderes Tier in das Sozialsystem des Menschen einzubinden.

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