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HUNDESPRACHE - #5 Meins oder Deins?

Februar 05, 2021

HUNDESPRACHE - #5 Meins oder Deins?

In Blog #4 habe ich beschrieben, warum ich es als unabdingbar erachte, eine neue Begrifflichkeit für scheinbares „Spielverhalten“ bei Hunden zu definieren. Heute möchte ich auf die Funktion von Ersatzbeute und deren Symbolik als Beutestellvertreter eingehen.

Nach reiflicher Überlegung hob ich den Begriff „Gruppenorganisierende Verhaltensmuster“ aus der Taufe, den wir zwingend als eigenen Funktionskreis betrachten sollten. In diesem Funktionskreis stellen insbesondere Interaktionen über Beutestellvertreter, die einen feststehenden Symbolcharakter haben, einen wesentlichen Bestandteil hündischen Ausdrucksverhalten dar, um ritualisiert Übereinkünfte treffen zu können.

Hunde sind keine Rudeltiere

Hunde sind keine Rudeltiere, sondern sie schließen sich zu sozialen Gruppen zusammen. Dabei geht es nicht um Dominanz, sondern um Austausch gegenseitiger Befindlichkeiten und der Möglichkeit gegenseitiger Beeinflussbarkeit. Jeder Hund trachtet erst einmal nach Harmonie in einer Gruppe.

Hunde und ihre erbkoordinative Symbolik

Hunde verteidigen ihre soziale Gruppe, Hunde bewachen Territorien, sie wollen vordergründig an Ressourcen und an Territorien partizipieren und sie lassen partizipieren. Dazu dient ihnen die Möglichkeit über Beutestellvertreter, also über Aktionen mittels Objekten Übereinkünfte zu treffen, die einen symbolischen Inhalt haben. Sie müssen dabei nicht erst lernen, was dieses Symbol bedeutet, es ist bereits erbkoordinativ in ihnen angelegt. Über die Symbolik eines Beutestellvertreters können Hunde sowohl den Anspruch auf Ressourcen und auf Beute geltend machen wie auch ihren Mitanspruch an ein Territorium kommunizieren. Diese Vorgänge laufen hoch ritualisiert im Rahmen besagter gruppenorganisierender Verhaltensmuster ab.

Symbolik mittels Beutestellvertreter

Über Beutestellvertreter kann der Hund drei Dinge kommunizieren:
  • Anspruch auf ein Territorium erheben
  • partizipieren wollen
  • partizipieren lassen
Würde zum Beispiel ein Hund ein Territorium betreten, das einem anderen Hund gehört, oder das von einem anderen Hund in Besitz genommen wurde, weil er sich öfters dort aufhält, dann kann folgendes passieren:
  • Entweder ein Hund vertreibt den anderen, oder er wird selbst vertrieben. Dazu wäre ein direkter körperlicher Abgleich notwendig.
  • Oder ein Hund kommuniziert dem anderen über einen Beutestellvertreter (z.B. Stöckchen, Ball o.ä.) ritualisiert durch das Überlassen der Beute oder durch Imponiertragen seine Ideen.

Dazu ein Beispiel

Es befinden sich zwei Hunde auf einem Grundstück. Einer der beiden hat ein Stöckchen im Maul und läuft damit leicht provozierend vor dem anderen hin und her. (Imponiertragen). Oder er legt sich hin und kaut auf seinem Objekt herum (Imponierkauen). Dann plötzlich steht er auf, lässt das Stöckchen liegen und entfernt sich etwas, ohne jedoch den anderen völlig aus den Augen zu lassen. Zeigt der Andere Interesse an dem zurückgelassenen Stöckchen, richtet er sich etwas auf, um den anderen zu blockieren und ihm Einhalt zu gebieten, und um gleichzeitig seinen Anspruch auf das Stöckchen zu kommunizieren. Nimmt sich der andere Hund daraufhin zurück, entfernt er sich wieder von dem Objekt. Damit haben die beiden Hunde eine Übereinkunft getroffen und Wichtiges geklärt.

Es kann auch sein, dass das Stöckchen dem anderen Hund überlassen wird, dieser es sich nimmt und darauf herumkaut. Nun könnte der erste Hund dem anderen kommunizieren: „Nun gut, dann hast du es eben, ich kann mir selbst eines suchen“.

Mit dem neuen Stöckchen legt er sich daneben und zeigt ihm dadurch: „Ich würde dir etwas überlassen, denn es sind genügend Ressourcen vorhanden“.

Welche Übereinkunft wurde hier getroffen? Beide Hunde wissen nun, dass sie bezüglich Beute Einfluss auf den anderen nehmen können.

Spiel oder nicht Spiel - das ist hier die Frage!

Wenn nun der Mensch mithilfe von Objekten mit Hunden „spielt“, sollte er sich also kritisch hinterfragen, ob es sich dabei wirklich nur um eine Form von unbedarftem Spiel handelt, oder ob hier nicht kommunikative Signale mit ganz anderem Bedeutungsinhalt wortwörtlich mit ins Spiel kommen. Denn Objekte erzeugen schnell Neid und nicht selten mischt sich ein Quäntchen Ernsthaftigkeit ins Spielgeschehen. In solchen „Spiel“ -Sequenzen werden aus der Perspektive des Hundes nicht selten vermeintlich Übereinkünfte getroffen, die er als gültig und für die Zukunft verbindlich abspeichert.

Bei manchen Hunden wird bereits im Moment des Werfens eines Objektes konkurrierendes Verhalten ausgelöst. Er will schneller an der Beute sein als der andere. Wer als erster dran ist, dem gehört die Beute. Imponiertragen und provozierendes Umrunden des „Verlierers dieses Wettkampfes“ ist nicht mehr Spiel ohne Bedeutungsinhalt, sondern echtes In-Besitz-Nehmen. Das wirkt sich dann nicht selten negativ auf den Gehorsam aus. Z. B. wenn es darum geht, den Hund von Radfahrern, Joggern oder Wildtieren abzurufen, denn der Hund findet sich vermeintlich in Konkurrenz: „Meins, nicht deins!“

Bedenken Sie also immer, dass der unbedarfte Umgang mit Beutestellvertretern (Ball, Stöckchen, Tannenzapfen, Dummy etc.) bei sogenannten Wurf-, oder Zerrspielen oft zu großen Missverständnissen zwischen Hund und Mensch führt, was dann zur Folge haben kann, dass Hunde ihre Muttersprache teilweise verlieren, oder diese ungünstig modifiziert wird. Das geschieht vor allem in einem Zeitfenster bis zur Pubertät eines Hundes.

Hunde als Sozialpartner ernst nehmen

Wer Hunde tatsächlich als Sozialpartner ernst nimmt, um mit ihnen „auf Augenhöhe“ zu kommunizieren, kommt nicht umhin, die beschriebenen Interaktionen und Übereinkünfte nicht mehr vorschnell dem Bereich „unbedarftes Spiel“ zuzuordnen. Vielmehr wird er sich darauf einlassen, Gruppenorganisierende Verhaltensmuster mit den ihnen innewohnenden symbolischen Handlungen und Signalebenen als funktionale und kommunikative Bestandteile des komplexen hündischen Sozialverhaltens anzuerkennen.

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Liebe Grüße - Anton

Symbole unterscheiden sich

Es gibt erlernte Symbole, die durch Erfahrungen und Einsicht entstehen. Ein erlerntes Symbol wäre zum Beispiel: Der Hund steht winselnd an der Türe. Bedeutungsinhalt: „Türe öffnen, ich will raus.“ Und es gibt Symbole, die ihren Sinn bereits haben und zum Repertoire eines jeden Hundes gehören. Beispiel: Das Imponierkauen eines Stöckchens vor Sozialpartnern könnte bedeuten: „Lasst uns über Ressourcen und/oder Positionierungen sprechen“.

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